Kann Cannabis als Medizin wirklich helfen? Hier erfährst du, bei welchen Krankheiten es eingesetzt wird, wie wirksam es ist und welche rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit man ein Rezept bekommt. Außerdem beleuchten wir wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen.
Das Wichtigste auf einen Blick
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Medizinisches Cannabis enthält die Hauptwirkstoffe THC und CBD, die über verschiedene Rezeptoren im Körper wirken und bei einer Vielzahl von Indikationen eingesetzt werden können.
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Die Verschreibung von Cannabis als Medizin auf Rezept unterliegt strengen Voraussetzungen; es soll nur verschrieben werden, wenn keine Therapiealternativen bestehen und eine Aussicht auf Verbesserung des Krankheitsverlaufs besteht.
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Cannabisprodukte sind in verschiedenen Formen erhältlich, darunter getrocknete Blüten, Extrakte und Fertigarzneimittel, was eine individuell angepasste Therapie ermöglicht.
Grundlagen von medizinischem Cannabis
Medizinisches Cannabis enthält zwei Hauptwirkstoffe: THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC ist bekannt für seine beruhigenden, stimmungsaufhellenden und appetitsteigernden Eigenschaften. Es kann auch körperlich mobilisierend wirken und Brechreiz dämpfen. CBD hingegen wirkt angstlösend und entzündungshemmend, ohne eine berauschende Wirkung zu haben.
Diese Wirkstoffe entfalten ihre Effekte im Körper über verschiedene Rezeptoren. Der CB1-Rezeptor ist im zentralen Nervensystem und vielen anderen Organen zu finden. Er hilft, Angst, Stress, Unruhe und Schmerzen zu lindern. Der CB2-Rezeptor befindet sich in den Immunzellen der Lunge und des Darms. Seine primäre Wirkung ist entzündungshemmend. Dieses komplexe Zusammenspiel erklärt, warum Medizinal Cannabis bei einer Vielzahl von Erkrankungen eingesetzt werden kann.
Cannabisprodukte sind in verschiedenen Formen erhältlich, darunter getrocknete Buds, Extrakte und fertige Medikamente, wie zum Beispiel Mund Spray. Diese Vielfalt ermöglicht es, die Behandlung individuell auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten abzustimmen. Cannabisöl, welches in der Medizin als Cannabisextrakt bezeichnet wird, wird aus der Blüte der Cannabispflanze gewonnen und ist hochkonzentriert. Um es besser dosierbar zu machen, werden oft verdünnte Lösungen hergestellt. Ein Tropfen fünfprozentiges Öl enthält so etwa 5% Δ9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC). Als Breitspektrum-Cannabisextrakte werden Öle aus besonders schonender Extraktion bezeichnet, bei denen das breite Cannabinoid- und Terpenprofil der Cannabispflanze weitgehend erhalten wird. In diesem Zusammenhang sind Cannabis Produkte ein wichtiger Bestandteil der Therapie.
Für viele User ist es wichtig zu wissen, dass Cannabidiol (CBD) in der EU ohne Rezept frei verkäuflich ist und keine nachweisbare berauschende Wirkung hat. Dies macht es zu einer zugänglichen Option für diejenigen, die die gesundheitlichen Vorteile von Cannabis ohne die psychoaktiven Effekte von THC nutzen möchten.
Voraussetzungen für die Verschreibung
Die Verschreibung von medizinischem Cannabis auf Rezept unterliegt strengen Voraussetzungen. Es dürfen nur Cannabis Produkte verschrieben werden, wenn:
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keine Therapiealternativen bestehen
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der Patient an schwerwiegenden Erkrankungen oder chronischen Schmerzen leidet
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eine begründete Aussicht auf Verbesserung des Krankheitsverlaufs oder Linderung schwerwiegender Symptome besteht.
Vor der ersten Arzneimittel Verordnung, einschließlich Cannabisarzneimittel, ist eine Genehmigung der Krankenkasse erforderlich. Dies gilt jedoch nicht für Patienten in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV), die Cannabisarzneimittel ohne Genehmigung der Krankenkassen erhalten können. Alle Ärztinnen und Ärzte, außer Zahn- und Tierärzte, sind verordnungsbefugt, was die Zugänglichkeit erhöht.
Seit 2017 ist es in Deutschland möglich, Cannabis auf Rezept zu erhalten, was einen bedeutenden Schritt in der medizinischen Versorgung darstellt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen haben dazu beigetragen, dass immer mehr Patientinnen und Patienten von den potenziellen Vorteilen von medizinischem Cannabis, auch als Medizinal Cannabis bezeichnet, profitieren können. Die gesetzlichen Regelungen für die Verschreibung von Cannabis Medikamenten in Deutschland sind klar definiert und stellen sicher, dass diese nur unter strengen Auflagen und bei entsprechender Indikation verschrieben werden dürfen, so dass die Krankenkasse alle Kosten trägt, zu denen sogar die Kosten für einen Vaporizer gehören können.
Anwendungsgebiete von Cannabis als Medizin
Medizinisches Cannabis wird bei einer Vielzahl von Krankheiten und Symptomen eingesetzt. Dazu gehören:
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chronische Schmerzen
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Übelkeit und Erbrechen durch Chemotherapie
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Multiple Sklerose
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neuropathische Schmerzen
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Erkrankungen des Verdauungstraktes
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Depressionen
Diese breite Anwendung zeigt, wie vielseitig Cannabis als Medizin eingesetzt werden kann.
In über drei Viertel der Fälle werden Cannabisarzneimittel verschrieben, wie zum Beispiel Dronabinol. Sie dienen zum Beispiel der Behandlung von chronischen Schmerzen. Dies schließt auch dauerhafte Schmerzen ein, die durch Multiple Sklerose oder Nervenschäden verursacht werden. Ein Beispiel hierfür ist Canemes®, das speziell zur Linderung von Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatienten während der Chemotherapie verwendet wird.
Darüber hinaus wird medizinisches Cannabis bei weiteren Erkrankungen wie:
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Morbus Crohn
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Epilepsie (Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrome)
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Tourette-Syndrom
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Krankheiten im Zusammenhang mit HIV/AIDS
Die Vielfalt an Indikationen unterstreicht das Potenzial von Cannabistherapien, eine wichtige Rolle in der modernen Medizin zu spielen und dabei Qualität beizubehalten.
Formen und Darreichungsformen von Cannabisprodukten
Cannabisprodukte gibt es in verschiedenen Formen, darunter getrocknete Buds, Extrakte und Fertigarzneimittel. Getrocknete Buds sind die blühenden, getrockneten Pflanzenteile der weiblichen Cannabispflanze, die entweder unzerteilt oder in zerkleinerter Form vorliegen. Vor dem Gebrauch sollten sie zerkleinert werden, um die Dosiergenauigkeit zu verbessern.
Eine gängige Anwendungsmethode für getrocknete Blüten ist die Verwendung von Vaporisatoren, die die Blüten auf 180–210 °C erhitzen und dadurch THC und CBD freisetzen. Dies ermöglicht eine saubere, schnelle und kontrollierte Aufnahme der Wirkstoffe. Neben getrockneten Blüten gibt es auch Extrakte, die in verschiedenen Formen wie Ölen oder Konzentraten erhältlich sind.
Fertigarzneimittel wie das Sativex® Spray bieten eine weitere Möglichkeit. Sativex® enthält pro Sprühstoß 2,7 mg Delta-9-Tetrahydrocannabinol und 2,5 mg Cannabidiol und wird zur Anwendung in der Mundhöhle genutzt. Diese Vielfalt an Darreichungsformen ermöglicht es, die Therapie individuell an die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten anzupassen.
Wirksamkeit und wissenschaftliche Belege
Die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis ist bei verschiedenen Erkrankungen nachgewiesen, jedoch sind weitere Studien und Langzeituntersuchungen notwendig. Eine Studie der MedUni Wien ergab beispielsweise, dass Cannabidiol (CBD) bei Kniearthrose keine stärkere schmerzstillende Wirkung als ein Placebo hat. Dies zeigt, dass die Wirkung von CBD bei bestimmten Indikationen noch weiter erforscht werden muss.
Dennoch berichten 30 Prozent der Anwender, vorwiegend mit Multipler Sklerose, nach der Therapie von einer Linderung ihrer Symptome. Auch bei ADHS konnte Sativex® in einer Studie die Hyperaktivität und Impulsivität der Betroffenen verbessern. Die Studienlage zur Behandlung von Depressionen mit medizinischem Cannabis ist aktuell sehr dürftig und zeigt eine Überlegenheit von Cannabinoiden gegenüber Placebos, jedoch mit einem eher erhöhten Risiko für eine Verzerrung der Ergebnisse.
Langzeitstudien zur Sicherheit und Wirksamkeit von Cannabis als Medizin sowie zur optimalen Dosierung werden als notwendig betont. Dies ist besonders wichtig, um die langfristigen Auswirkungen und möglichen Risiken besser zu verstehen. Die Fachgesellschaft der Schmerzexperten äußert sich skeptisch zu Cannabis-Medikamenten. Dies liegt an der mangelnden Wirksamkeit und fehlender Langzeitstudien.
Die Rolle von Cannabinoiden bei Übelkeit während einer Chemotherapie wird seit den 1970er Jahren intensiv erforscht, da ihre Wirkmechanismen sich von konventionellen Antiemetika unterscheiden. Trotz einiger vielversprechender Ergebnisse besteht weiterhin Unsicherheit bezüglich der Wirksamkeit von medizinischem Cannabis bei Übelkeit durch Chemotherapie. Dies zeigt die Notwendigkeit weiterer Forschung in diesem Bereich.
Nebenwirkungen und Risiken
Nebenwirkungen von medizinischem Cannabis können vielfältig sein. Häufige Nebenwirkungen sind:
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Müdigkeit
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Schwindel
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Übelkeit
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Mundtrockenheit
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Appetitsteigerung
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Gedächtnisstörungen
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Gleichgewichtsstörungen
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verschwommenes Sehen
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Desorientierung
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Lethargie
Es ist wichtig zu beachten, dass Cannabis Medikamente potenzielle Abhängigkeiten und Nebenwirkungen haben können, insbesondere bei der Behandlung von Herz- und psychischen Erkrankungen.
Diese Nebenwirkungen sind meist mild und führen selten zum Abbruch der Therapie.
Schwerwiegende und seltene Nebenwirkungen von Cannabis umfassen:
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leberschädigende Effekte durch Cannabidiol (CBD)
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Palpitationen
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Tachykardien
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Hypertonie
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Hypotonie
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Psychotische Symptome wie Halluzinationen, Sinnestäuschungen und Wahnvorstellungen
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Psychosen und Schizophrenie
Zudem berichten Frauen häufiger von Nebenwirkungen durch Cannabis als Männer.
Kostenübernahme durch Krankenkassen
Die Kostenübernahme für medizinisches Cannabis erfolgt durch die Krankenkassen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Krankenversicherung übernimmt die Kosten für Cannabisarzneimittel bei Aussicht auf spürbare positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs oder schwerwiegender Symptome. Vor der erstmaligen Verschreibung von medizinischem Cannabis muss der Patient eine Genehmigung seiner Krankenkasse einholen.
Die Krankenkassen dürfen den Antrag auf Kostenübernahme nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen. Für die Bearbeitung des Antrags haben die Krankenkassen eine Frist von zwei Wochen, bei gutachterlicher Stellungnahme vier Wochen. Nach der Bewilligung des Antrags erhalten Patienten einen Bescheid von der Krankenkasse und ein Kassenrezept von ihrer behandelnden Ärztin oder ihrem behandelnden Arzt.
Für Folgeanträge, Arztwechsel oder Dosisanpassungen ist keine erneute Genehmigung der Krankenkasse erforderlich. Sollte der Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt werden, haben Patienten die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen, unterstützt durch eine ärztliche Stellungnahme. Wenn der Widerspruch erfolglos ist, können Versicherte Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben.
Rolle der Ärzte und Apotheken
Ärzte und Apotheken spielen eine zentrale Rolle bei der Verordnung und Abgabe von medizinischem Cannabis. Die Entscheidung, welches Cannabis-Medikament verschrieben wird, trifft die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt. Sie dürfen getrocknete Blüten, -extrakte sowie Cannabis Arzneimittel mit Dronabinol und Nabilon verschreiben. Dabei berücksichtigen sie die potenziellen Abhängigkeiten und Nebenwirkungen von cannabis medikamenten, insbesondere bei Patienten mit Herz- und psychischen Erkrankungen.
Seit dem 1. April 2024 erfolgt die Verordnung von medizinischem Cannabis per elektronischem Rezept. Dies erleichtert den Prozess und stellt sicher, dass die Patientendaten sicher und effizient verwaltet werden. Apotheken können direkt bei DEMECAN cannabishaltige Arzneimittel bestellen und bieten durch den Apotheken-Finder von DEMECAN die Möglichkeit, eine Apotheke zu finden, die die Herstellung der Kapseln aus den DEMECAN Extrakten anbietet.
Die Zweckmäßigkeit der Cannabisbehandlung sollte in den ersten drei Monaten engmaschig überprüft werden. Dies stellt sicher, dass die Therapie optimal auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt ist und eventuelle Nebenwirkungen oder Anpassungen schnell erkannt und behandelt werden können.
Zukunftsperspektiven und Forschung
Die Erforschung von medizinischem Cannabis wird weiter vorangetrieben, um die Sicherheit und Wirksamkeit besser zu beurteilen und neue Anwendungsmöglichkeiten zu entdecken. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt ein Cannabis-Forschungsprojekt an der Freien Universität Berlin mit weiteren 388.000 Euro. Dieses Projekt untersucht die entzündungshemmenden Eigenschaften von Cannabidiol auf molekularer Ebene in Schweinedarmmodellen.
Weitere kontrollierte klinische Studien sind notwendig, um die Sicherheit der Behandlung mit Cannabisblüten und -extrakten besser zu beurteilen. Auch für eine mögliche Wirkung von Cannabis bei ADHS und Erwachsenen sind weitere Studien erforderlich. Cannabis ist seit dem 1. April 2024 teilweise legalisiert, was die Forschung und Anwendungsmöglichkeiten weiter vorantreiben könnte.
Obwohl bereits viel über die medizinische Wirkungsweise von Cannabis bekannt ist, gibt es noch offene Fragen. Die kontinuierliche Forschung ist entscheidend, um das volle Potenzial von medizinischem Cannabis zu erschließen und die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.
Zusammenfassung
Cannabis als Medizin bietet viele Chancen und Herausforderungen. Von der Wirkweise der Hauptwirkstoffe THC und CBD über die rechtlichen Voraussetzungen für die Verordnung bis hin zu den vielfältigen Anwendungsgebieten und möglichen Nebenwirkungen – die Welt des medizinischen Cannabis ist komplex und faszinierend. Aktuelle Forschungsprojekte und zukünftige Studien werden weiterhin dazu beitragen, die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Therapieoption zu verbessern. Lassen Sie uns gemeinsam die Potenziale von Cannabis als Medizin weiter erforschen und nutzen.
Häufig gestellte Fragen
Unter welchen Bedingungen kann medizinisches Cannabis verschrieben werden?
Cannabis Medikamente können verschrieben werden, wenn keine Therapiealternativen bestehen und die Patienten an schwerwiegenden Erkrankungen leiden, mit einer begründeten Aussicht auf Verbesserung des Krankheitsverlaufs oder Linderung schwerwiegender Symptome.
Welche Formen von Cannabisprodukten gibt es?
Es gibt verschiedene Formen von Cannabisprodukten, darunter getrocknete Blüten, Extrakte und Fertigarzneimittel wie das Sativex® Spray. Man sollte sich über die verschiedenen Optionen informieren, um die passende Form zu finden.
Welche Nebenwirkungen können durch die Einnahme von medizinischem Cannabis auftreten?
Bei der Einnahme von Cannabis Medikamenten können häufig Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, Mundtrockenheit und Appetitsteigerung auftreten. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie leberschädigende Effekte, Palpitationen und psychotische Symptome sind selten, aber möglich.
Wie erfolgt die Kostenübernahme durch die Krankenkassen?
Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen erfolgt, wenn eine spürbare positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs oder schwerwiegender Symptome besteht. Eine Genehmigung der Krankenkasse ist noch vor der ersten Verordnung erforderlich.
Welche Rolle spielen Ärzte und Apotheken bei der Verordnung von medizinischem Cannabis?
Der Arzt entscheidet über die Verschreibung von Cannabis Medikamenten, während Apotheken für die Abgabe und zusätzliche Dienstleistungen wie die Herstellung von Kapseln verantwortlich sind. Die Rolle von Ärzten und Apotheken bei der Verordnung von medizinischem Cannabis ist klar definiert und unterstützt die Patientenversorgung.