Myrcen: Das vielseitige Terpen in Cannabis und Natur

Dirks Seedshop
13.10.2025 / Gärtnerisches Wissen & Grundlagen / Kommentare 0
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Im letzten Artikel haben wir uns mit den Begriffen Indica, Sativa, Hybrid und Terpen auseinandergesetzt und herausgefunden, wie bedeutend Terpene eigentlich sind. Jetzt wollen wir eines der berühmtesten in Cannabis vorkommenden Terpene genauer beleuchten: Beta-Myrcen oder β-Myrcen.
Wer sich schon einmal gefragt hat, warum einige Cannabissorten so erdig, würzig oder balsamisch duften – die Antwort lautet häufig: Myrcen. Es gehört zu den drei häufigsten Terpenen in Cannabis und prägt nicht nur das Aroma vieler Sorten, sondern spielt auch in der Natur, Medizin und Industrie eine bemerkenswerte Rolle.

Was ist Myrcen?

Terps mit dem besten Aroma und Geschmack

Myrcen ist ein sogenanntes azyklisches monoterpenes Kohlenwasserstoffmolekül, das in zahlreichen Pflanzen vorkommt – darunter Hopfen, Rosmarin, Lorbeer, Mango, Ingwer, Koriander, Nadelbäume und eben Cannabis. Es ist gelblich, flüchtig und stark aromatisch.

Physikalische Eigenschaften:

  • Siedepunkt: 166–167 °C
  • Schmelzpunkt: –10 °C
  • Flash Point: 39,44 °C
  • Löslichkeit: Nicht wasserlöslich, aber löslich in Alkohol, Äther, Benzol, Ethanol, Chloroform

Besonders spannend: Myrcen zählt zu den sogenannten bioaktiven Terpenen, da es in der Natur auch als Kommunikationsmittel, Abwehrstoff oder Zwischenprodukt für andere Verbindungen dient.

Dirks Tipp Der Flashpoint (deutsch: Flammpunkt) ist die niedrigste Temperatur, bei der sich eine Flüssigkeit oder ein flüchtiger Stoff so weit entzündet, dass sich Dämpfe bilden, die in Verbindung mit einer Zündquelle kurz aufleuchten – also „flashen“ –, aber noch nicht dauerhaft brennen. Myrcen hat also einen Flashpoint von 39,44 °C. Das bedeutet: Schon bei Raumtemperatur im Sommer kann es leicht entzündliche Dämpfe abgeben. Das ist z. B. für die Lagerung, Verarbeitung oder industrielle Nutzung relevant. Für unseren Brokkoli dürfte keine Gefahr bestehen, außer du hast unfassbar potentes Zeug gegrowt!

Vorkommen in der Natur

Myrcen und Humulen beste Terps im Gras

Myrcen ist eines der am weitesten verbreiteten Terpene der Pflanzenwelt. Es kommt unter anderem vor in:

  • Hopfen
  • Kiefern, Fichten und anderen Nadelbäumen
  • Zimt, Nelken, Koriander, Lorbeer und vielen anderen Gewürzen
  • Rosmarin, Thymian und anderen Kräutern
  • Grapefruit, Mango, Ingwer, Karotten uvm

Ein Spaziergang im Wald – besonders durch Nadelbaumwälder – führt fast zwangsläufig zur Inhalation von Myrcen und verwandten Verbindungen wie Pinen. Diese natürliche Terpenwolke ist ein wesentlicher Grund, warum sich „Waldbaden“ so wohltuend auf Körper und Geist auswirkt.

Myrcen im Cannabis

Sorten mit vielen Terps

In Cannabis kommt Myrcen in nahezu allen Sorten vor, häufig sogar in dominanter Konzentration. Es trägt wesentlich zum typischen, erdigen Geruch vieler Blüten bei. Das Aromaprofil lässt sich beschreiben als:

balsamisch, würzig, erdig, pfeffrig, holzig

Zu den bekannten Sorten mit hohem Myrcengehalt gehören:

Blue Dream, Banana Kush, Alien Cookies, Chemdawg, Deathstar, Jack Herer, Lemon Skunk, Cheese, Ghost Train Haze, Purple Punch, Black Widow, Gelato und viele mehr.

Die Konzentration von Myrcen im Blütengeruch kann Rückschlüsse auf den Charakter der Sorte geben – besonders bei entspannenden, indica-lastigen Hybriden ist es oft deutlich vertreten.

Wirkung und Funktion

Terpene in der Forschung

Myrcen ist vor allem bekannt für seine entspannenden, beruhigenden Eigenschaften. Dabei geht es nicht um medizinische Effekte, sondern um die gärtnerisch beschreibbare Wirkung auf das allgemeine Aromaerlebnis.

Ein besonders schönes Beispiel liefert die Natur selbst:
In Hopfenfeldern wird man im Sommer tagsüber häufig schläfrig, wenn man sich längere Zeit dort aufhält. Der Grund: Myrcen-Ausdünstungen, gemeinsam mit Humulen, die das typische Hopfenaroma und auch die Wirkung vieler Biersorten prägen. Man muss also kein Bier trinken – schon das Einatmen reicht aus, um die entspannende Qualität zu spüren.

Auch im Wald oder beim Zerreiben von Rosmarinblättern oder Erwärmen von Nelken atmet man Myrcen ein – es ist ein natürlicher Bestandteil unserer Umgebung, der oft unbewusst auf uns und das limbische System wirkt.

Biologische Aufgaben

Duftstoffe und ihre Wirkung

Myrcen ist mehr als nur ein Geruchsstoff. In der Pflanzenwelt erfüllt es vielfältige Aufgaben:

  • Insektenabwehr: Pflanzen setzen Myrcen frei, um Schädlinge fernzuhalten
  • Indirekte Verteidigung: Wird eine Pflanze angegriffen, kann sie Myrcen ausschütten. Dieser Duft lockt wiederum natürliche Feinde der Angreifer an – ein Kommunikationssystem auf chemischer Basis
  • Signalstoff: Auch einige Insekten nutzen Myrcen, um miteinander zu kommunizieren

Diese natürlichen Funktionen machen deutlich, wie vielschichtig und intelligent Terpene wie Myrcen im ökologischen Gefüge eingebunden sind.

Industrielle Nutzung

Myrcen als Duftstoff und Zwischenstoff für Putzmittel und Parfum

Die Industrie nutzt Myrcen in vielen Bereichen – manchmal direkt, oft als Ausgangsstoff zur Herstellung komplexerer Verbindungen.

  • Parfümindustrie:
    Myrcen dient zur Herstellung von Duftstoffen wie Linalool oder Geraniol und wird direkt als balsamischer Basisduft eingesetzt
  • Lebensmittel:
    Wird als natürlicher Aromastoff und Geschmacksverstärker verwendet
  • Reinigungsmittel und Technik:
    Myrcen verleiht Haushaltsreinigern einen angenehmen Duft und wird sogar genutzt, um Fette, Farben und Harze zu lösen – etwa in der chemischen Industrie

Medizinisches Potenzial (in der Forschung)

Forschungen über Cannabis und Terpene

In zahlreichen Forschungsreihen wurde Myrcen auf verschiedene Wirkungen hin untersucht. Es zeigten sich unter anderem Hinweise auf:

  • Antibakterielle und antifungale Eigenschaften
  • Antioxidative Wirkung
  • Potenzielle Unterstützung bei Darmerkrankungen, Brustkrebs oder Osteoarthritis
  • Schutzwirkung bei ischämischem Schlaganfall
  • Sedierende Effekte – möglicherweise relevant für Schlafstörungen

Diese Forschung befindet sich jedoch größtenteils in einem frühen Stadium und basiert meist auf isolierten Stoffen in kontrollierten Laborumgebungen.

Hausmittel und Aromatherapie

Ätherische Öle in der Aromatherapie mit Terpenen

In der Pflanzenheilkunde spielt Myrcen ebenfalls eine Rolle und ist uns seit langer Zeit wohlbekannt – zum Beispiel ist der Rosmarin eine sehr myrcenreiche Pflanze. Er wird traditionell genutzt:

  • zur Förderung der Konzentration
  • als unterstützendes Mittel bei Migräne, Erkältung und Kopfschmerzen
  • zur Harmonisierung und Aktivierung im Alltag
  • als Räucherstoff zur Klärung und Reinigung

Auch das klassische Inhalieren ätherischer Öle basiert wahrscheinlich auf genau diesen Terpenwirkungen.

Fazit: Myrcen – unterschätzter Schlüsselstoff in Cannabis

Myrcen in Tannenbäumen

Myrcen ist mehr als ein einfacher Duftstoff – es ist ein echter Schlüssel zum Verständnis der Pflanze Cannabis. Es trägt zur Vielfalt der Aromen bei, beeinflusst den Charakter vieler Sorten und verbindet Genuss, Natur und chemische Intelligenz auf faszinierende Weise.

Ob beim Waldbaden, oder dem wahrscheinlich nächsten Trend, dem Hopfenfeldbaden, oder beim Öffnen eines Glases fein duftender Buds: Wer genau hinschnuppert, kann selber erleben, wie wichtig Terpene wie Myrcen für die Welt des Cannabis wirklich sind.